Für eine effiziente und vor allem nachhaltige Reduzierung des NPL-Portfolios ist die richtige Strategie Voraussetzung. Für deren Umsetzung kommt es auf die Governance-Struktur sowie eine entsprechend abgestimmte Ablauforganisation an.
Die wichtigsten Entscheidungen in diesem Zusammenhang betreffen:
Portfolioanalyse
Grundvoraussetzung für den Entwurf eines geeigneten operativen Modells ist eine detaillierte Untersuchung des vorhandenen Portfolios. Dafür ist eine ausreichend hohe Datenqualität ebenso nötig wie leistungsfähige Management-Informations-Systeme. Im Rahmen der Analyse sind Kreditnehmer mit ähnlichen Merkmalen in Gruppen zusammenzufassen. Bei hohen Beständen in einzelnen Segmenten macht es gegebenenfalls sogar Sinn, für diesen Bereich spezifische Restrukturierungsprodukte zu entwickeln. Im Rahmen der Segmentierung erschließen sich Besonderheiten, beispielsweise auch bei großen Beständen, wie dem Retailgeschäft. Bei solchen bietet sich der Einsatz teilweise standardisierter oder automatisierter Prozesse an. So kann ein Contact Center bei jungen Rückständen versuchen, frühzeitig hohe Zahlungseingänge zu erwirken.
Operative Einheiten
Die Basis für eine gelungene Umsetzung der NPL-Strategie ist erfahrungsgemäß der Aufbau spezialisierter NPL-Workout-Units (WU). Diese sind von den für die Kreditvergabe zuständigen Geschäftseinheiten grundsätzlich zu trennen. Wenn möglich, sollte diese Trennung auch die Entscheidungsprozesse umfassen, zum Beispiel durch die Bildung eines NPL-Ausschusses. Das verhindert mögliche Interessenkonflikte und macht spezialisierte Fachkenntnisse gezielt nutzbar. Sind Überschneidungen zur Kreditvergabe aufgrund der Größe oder Struktur der Bank unvermeidbar, sind sehr stringente interne Kontrollen und Regelungen erforderlich. Gleiches gilt auch für Geschäftsfelder oder Risikosegmente, die aufgrund des erforderlichen Spezialwissens nicht komplett autark darstellbar sind.
Ausrichtung auf den Lebenszyklus
Die Struktur der Workout Units spiegelt idealerweise den gesamten NPL-Lebenszyklus wider. Das stellt eine individuelle Betreuung des Kunden unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Phasen sicher und führt zudem zu einer besseren Spezialisierung der Mitarbeiter – dies analog zu den jeweils anfallenden, durchaus sehr verschiedenen Aufgaben. Die Schwelle für die Übergabe der Risikoposition vom Kundenbetreuer an die NPL-WU sowie innerhalb derer die Weitergabe an das Team für die nächste Phase muss dabei von vornherein klar definiert sein. Der Lebenszyklus für NPL unterteilt sich in:
Junge Zahlungsrückstände (bis zu 90 Verzugstage):
Während der ersten Interaktion mit dem Kreditnehmer ist die hauptsächliche Zielsetzung, frühzeitige Zahlungen zu erreichen und erste Informationen zur Situation des Kunden und zur Datenlage zusammenzustellen.
Alte Zahlungsrückstände/Restrukturierung/Forbearance:
In dieser Phase liegt der Schwerpunkt ganz klar auf der Vorbereitung und dem Abschluss entsprechender Restrukturierungs- respektive Forbearance-Vereinbarungen.
Abwicklung/Mahnwesen/Rechtsstreitigkeiten/Inbesitznahme
An diesem Punkt ist eine Kosten-Nutzen-Analyse der verfügbaren Optionen anzustellen und anhand dieser zügig mit der Umsetzung von Maßnahmen zu beginnen.
Verwaltung von in Besitz genommenen oder sonstigen Vermögenswerten
Personelle Ressourcen
Der Aufwand einer Bank für Behandlung und Reduzierung von NPL orientiert sich in erster Linie an der relativen Größe der entsprechenden Bestände. Das gilt sowohl für das Management als auch für die untergeordnete Organisation. Mindestens ebenso wichtig sind ausreichende Kapazitäten bei der internen Kontrolle. Absehbare personelle Lücken sind schnellstmöglich zu füllen, eventuell durch befristete Einstellungen, internes oder externes Outsourcing oder auch Joint Ventures mehrerer Institute.
Für zentrale Abwicklungsaufgaben sind, soweit machbar, entsprechend erfahrene und fachkundige Mitarbeiter einzusetzen. Fehlen diese oder ist der Wissensstand nicht ausreichend, macht es Sinn geeignete NPL-Schulungen und Personalentwicklungspläne zu erarbeiten. Für derartige Maßnahmen bietet sich die Kooperation mit einem externen Partner an. Ist der Aufbau eigener Fachkompetenz aus triftigen Gründen nicht zu realisieren, sollten die NPL-WUs möglichst leichten Zugang zu externem Know-how bekommen, also Berater, Branchenexperten oder spezialisierte NPL-Servicing-Dienstleister.
Für die regelmäßige Leistungskontrolle der Mitarbeiter in der NPL-Abwicklung muss ein auf die Besonderheiten dieser Tätigkeit zugeschnittenes Beurteilungssystem zur Anwendung kommen. Die hohen Anforderungen an Wissen und Einsatzbereitschaft sollten sich zudem in den Vertragskonditionen widerspiegeln. Auch die spezifischen Leistungsindikatoren der Leitungsebene sollten sich an Vorgaben analog der NPL-Strategie und des Implementierungsplans orientieren.
Technische Ressourcen
Bei der Konzeption einer angemessenen technischen Infrastruktur zur NPL-Abwicklung ist die zentrale Speicherung aller NPL-bezogenen Daten in robusten und gesicherten IT-Systemen besonders wichtig. Während des gesamten Prozesses müssen die Daten stets aktuell und vollständig sein. Die wichtigsten Anforderungen an die Funktionalitäten:
Einfacher Zugang zu allen relevanten Daten und Dokumenten;
Effiziente Bearbeitung und Überwachung von NPL-Abwicklungsmaßnahmen;
Definition, Analyse und Bewertung von NPL und zugehörigen Kreditnehmern.
Zur Sicherstellung einer ausreichend leistungsfähigen technischen Infrastruktur sowie der Datenqualität insgesamt sollte regelmäßig eine unabhängige Stelle entsprechende Prüfungen durchführen. Infrage kommen hierfür die interne Revision ebenso wie externe Fachleute.
Erste Kontrollebene
Die unterste Kontrollinstanz sind entsprechende Mechanismen innerhalb der NPL-WUs, in erster Linie die internen Leitlinien für die NPL-Abwicklung. Sie sollten so stark wie möglich in den internen Prozessen eingebunden sein und sich in den IT-Verfahren bis hinunter auf die Transaktionsebene wieder finden. Verantwortlich sind auf dieser Stufe die Manager der jeweiligen operativen Einheiten.
Zweite Kontrollebene
Diese Ebene stellt sicher, dass die Funktionen der ersten Kontrollebene ordnungsgemäß arbeiten. Dazu ist ein hohes Maß an Unabhängigkeit gegenüber dem Marktbereich und den NPL-WUs notwendig. Dabei sind die wichtigsten Schwerpunkte:
Dritte Kontrollebene
Die letzte Ebene ist in aller Regel die interne Revision. Bei großen NPL-Portfolios sollte auch hier ausreichend Fachwissen zu NPL vorhanden sein oder aufgebaut werden, um regelmäßige Kontrollen zur Effizienz und Wirksamkeit des NPL-Rahmenkonzepts zu ermöglichen. Gefordert ist mindestens die regelmäßige Prüfung auf Einhaltung der internen Leitlinien und externen Leitfäden. Diese Kontrollen sollen im Hinblick auf Häufigkeit, Umfang und Ausmaß am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zum vorhandenen Risiko ausgerichtet sein. Das Leitungsor
Für jeden Schritt sind eindeutig Verantwortliche zu benennen und zudem ist sicherzustellen, dass die Abläufe mit den Prozessen für NPL-Berichte und die Übergabe an die WUs vereinbar sind.
Fortlaufende Berechnungen der wichtigsten Frühwarnindikatoren, getrennt für jedes Portfolio, sind mindestens monatlich ratsam. Die Überwachung sollte sowohl auf der Portfolioebene als auch auf der Transaktions-/Kreditnehmerseite stattfinden, um rechtzeitig Bonitätsverschlechterungen wahrzunehmen. Festgestellte Verletzungen der Indikatoren müssen automatische Warnmeldungen auslösen und zu einem definierten Zeitpunkt einen festgelegten Eskalationsprozess starten. An dessen Ende steht, sofern keine Besserung eintritt, die Übergabe an die zuständige NPL-WU.
Mindestens ebenso wichtig wie technische Frühwarnverfahren ist in diesem Zusammenhang die menschliche Komponente. Kundenbetreuer sollten grundsätzlich für Hinweise und Auffälligkeiten im Kundenverhalten sensibilisiert sein, die auf mögliche Bonitätsprobleme hindeuten können.
In der nächsten Folge unserer Beitragsserie erfahren Sie weitere Einzelheiten zu Forbearance.
Hanns-Jörg Neumann
Managing Consultant
+49 151 74660083
Hanns-Joerg.Neumann(at)ppi.de