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Zahlungsverkehr 2025 Helaba

PPI-Jubiläumspublikation: Ergänzung zum Artikel PLUG AND PAY

Zahlungsverkehr 2025 aus Sicht der Helaba

Markus Jörg und Marion Pink, Landesbank Hessen-Thüringen

Der Zahlungsverkehr ist eine Branche im Umbruch. Nach einer Phase der Digitalisierung und Automatisierung von Zahlungsvorgängen werden nun nationale Gesetzgebungen und Zahlungsformate durch europäische abgelöst. Zahlungsströme werden über zentrale Gegenparteien auf europäischer Ebene abgewickelt. Im Zahlungsverkehr für Verbraucher und Unternehmen tätige Kreditinstitute geraten durch das stark veränderte regulatorische Umfeld, technologische Neuerungen, geändertes Nutzungsverhalten und neue Wettbewerber immer stärker unter Druck.

Zukunftstrends im Zahlungsverkehr 2014

Der Zahlungsverkehr in 2014 zeichnet sich zuvorderst durch die Umstellung der Massenzahlungsinstrumente auf das SEPA-Format aus. In den Folgejahren wird die Zahlungsverkehrsabwicklung schrittweise bis 2016 mit der Umsetzung des SEPA Card Clearing europäisch. Für Banken, Unternehmen und Vereine ist die Umstellung mit hohen Kosten verbunden. Neben dem steigenden Kostendruck werden durch europäische Regulierungen wie PVO1, PSD2, PSD II3 und MIF4 zudem die Einnahmequellen im Zahlungsverkehr und Kartengeschäft reduziert.

Die Abwicklung von Zahlungsströmen erfolgt zunehmend über zentrale Gegenparteien auf europäischer Ebene. Im Massenzahlungsverkehr wird die EBA mehr und mehr als kostenpflichtiger Clearingmechanismus genutzt. Selbst im deutschen Inland bilden bilaterale Clearingvereinbarungen die Ausnahme. Großbetragszahlungen werden einheitlich über die Gemeinschaftsplattform TARGET2 der Deutschen Bundesbank abgewickelt. Der Zahlungsausgleich zwischen den europäischen Notenbanken erfolgt schnell und final ohne Risiko einer Rückgabe.

Monitoring und Feinsteuerung von Zahlungsströmen nehmen weiter zu. Nach 2015 wird die Überwachung der Intraday-Liquidität mit täglicher Meldung für Bundesbank- und Korrespondenzbanken-Konten in Euro und wichtigen Fremdwährungen mit Höchst- und Niedrigst-Inanspruchnahme eingeführt. Aufgrund der gegenwärtigen Negativzinsen für Einlagen bei der Deutschen Bundesbank gewinnen die Feinsteuerung der Bankliquiditätsbeschaffung und -platzierung sowie das Collateralmanagement insbesondere an Stichtagen weiter an Bedeutung.

Noch ist der Zahlungsverkehr vom Warenverkehr weitgehend getrennt. Banken und Kunden stehen über das Kontokorrentkonto in direkter Beziehung und wickeln weitere Finanzgeschäfte und den Zahlungsverkehr darüber ab. Zudem stellen Banken ihren Privat- und Firmenkunden Kredit- und Debitkarten zur Verfügung. Die Verbraucher wiederum erwerben Güter und Dienstleistungen im stationären oder Internethandel und nutzen diejenigen Zahlungsmittel, die ihren Vorlieben, ihrer Kreditwürdigkeit und dem verfügbaren Angebot an Bezahlverfahren entsprechen. Die Bezahlung erfolgt unabhängig von der Erfüllung des Grundgeschäftes. Unternehmen und Banken ihrerseits stehen über ein Geschäftskontokorrentkonto in direkter Kunde-Bank-Beziehung für die Begleichung von Verbindlichkeiten und den Einzug von Forderungen im klassischen Zahlungsverkehr und zusammen mit Acquirern und ggf. internationalen Schemes im Kartengeschäft.

Doch diese Marktstruktur befindet sich im Wandel. Internethandel und Zahlungsverkehr im Internet nehmen auch zulasten des stationären Handels weiter zu. Große Handelsunternehmen erweitern nicht mehr nur geographisch ihr Filialnetz, sondern versuchen auch, durch ihren Onlineauftritt im Internet Fuß zu fassen. Internetunternehmen wie Google, Apple, Facebook oder Amazon hingegen, die das Mediennutzungs- und Konsumverhalten ihrer Kunden bestens kennen und in ihre Angebote zu integrieren wissen, versuchen ihre Geschäftsmodelle um Zahlungsdienstleistungen wie mobile Bezahlsysteme zu erweitern. Damit bilden sie potenziell eine neue Konkurrenz für die derzeit etablierten Zahlungsdienstleister. Zudem eröffnen Internethändler Filialen im urbanen Raum, um Kunden über die Haptik zu gewinnen und auch für Zahlungsangelegenheiten Vertrauen zu schaffen. Neben den Netzgiganten tasten sich auch Kreditkarten- und Telekommunikationsunternehmen in Richtung klassischer Finanzdienstleistungen wie Zahlungsabwicklung und Sichteinlagen vor. Letztere profitieren mit ihrem breiten nationalen Kundenkreis, kennen das Zahlungsverhalten ihrer Kundschaft allerdings nur über die Telefonrechnung.

Begünstigt wird diese Entwicklung zum einen durch die europäische Regulierung, deren erklärtes Ziel es auch ist, den Wettbewerb im Markt zu erhöhen. Zum anderen ändern die Verbraucher ihr Konsumverhalten und ihre Präferenz hinsichtlich der Nutzung von Zahlungsmitteln. Darüber hinaus ermöglichen neue Technologien wie NFC, iBeacon und QR-Codes neue Trägermedien und Kommunikationsformen der Zahlungsdaten.

Zahlungen werden immer häufiger mittels unbarer Zahlungsinstrumente wie Karten, Überweisungen und Lastschriften getätigt. Haupttreiber für das Wachstum der Anzahl bargeldloser Zahlungsvorgänge ist der E-Commerce. Immer mehr Menschen kaufen über das Internet ein. Daher gewinnen auch alternative Bezahlmethoden wie PayPal, Giropay oder Sofortüberweisung an Bedeutung. Dort sind aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen höhere Margen durchsetzbar als im klassischen Zahlungsverkehr. Außerdem wächst der mobile Einkauf und Zahlungsverkehr deutlich weiter. Mehr als die Hälfte der Smartphone-Nutzer kaufen bereits über ihre Geräte ein. Mobile internetfähige Endgeräte verbinden die reale mit der digitalen Welt und der Werbung. Insbesondere iBeacon von Apple hat das Potenzial, ortsabhängiges Marketing zu realisieren und dem Kunden eine situationsadäquate Werbebotschaft zuzusenden oder eine entsprechende Aktion anzubieten: Sonderangebote am Produktregal oder in der Nähe der Kasse einen Bezahl-vorgang über eine Mobile-Payment-Funktion. Weitere innovative Bezahllösungen wie In-App-Abrechnung von Google5, Bezahlung nach Warenprüfung, E-Wallets oder andere Onlinebezahl- und Überweisungssysteme werden im E- und M-Commerce insbesondere von Start-ups wie Klarna, Skrill oder Dwolla angeboten. So kommt der Zahlungsverkehr über das Produkt zum Kunden.

Zahlungsverkehr 2025

Für den Zahlungsverkehr 2025 erwarten wir, dass sich die beschriebenen Trends weiter fortsetzen.

Dazu setzen wir folgende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen voraus: Die Europäische Union wird bis 2025 weitere Staaten im Osten Europas aufgenommen haben. Der Euro als Gemeinschaftswährung ist weiterhin von weltweiter Bedeutung. Zwar hat sich die Begeisterung der zentral- und mitteleuropäischen Länder für einen Beitritt in die Eurozone aufgrund der Staatsschuldenkrise abgeflacht, dennoch überwiegen mittel- bis langfristig die Vorteile der Währungsunion. So gehen wir davon aus, dass mit der fortschreitenden Abarbeitung der Schuldenkrise weitere Länder hinzukommen, auch wenn ein Ausscheiden von einzelnen Staaten bei entsprechender politischer Lage nicht undenkbar ist. Zu den zwei global führenden Reservewährungen US-Dollar und Euro gesellt sich der Renminbi hinzu. Insbesondere die Währung der momentan bereits zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wird an Bedeutung gewinnen, wenn die Liberalisierung des Renminbis weiter voranschreitet. Die Wirtschaft in den Industriestaaten und den BRICS-Staaten wächst weiter, insbesondere in China und Indien mit ihren großen Binnenmärkten. China stellt den größten Markt für Luxusgüter dar und wird auch künftig hochpreisige Güter nachfragen. Der deutsche Außenhandel expandiert weiter mit dem Schwerpunkt auf Hightech-Produkte.

Nachdem die Regulierung und Vereinheitlichung der Zahlungsformate auf europäischer Ebene abgeschlossen sind und in der Zahlungsverkehrsabwicklung durch Gerichtsurteile Rechtssicherheit in der Gesetzesauslegung entstanden ist, halten wir eine weltweite Standardisierung und Vereinheitlichung, in einem ersten Schritt zumindest für die hoch entwickelten Märkte Nordamerika, Europa und Asien, für gut möglich. Zahlungsströme werden international überwiegend über zentrale Clearingstellen abgewickelt und überwacht. Zahlungsverkehr wird rund um die Uhr nahezu in Realtime abgewickelt.

Unbare Zahlungsmittel haben den Barzahlungsverkehr weiter verdrängt, das Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel wird es nicht mehr überall geben. Kontaktloses Bezahlen hat sich etabliert, insbesondere getrieben durch den Komfort für den Kunden und die Kostenersparnis im Terminalgeschäft für den stationären Handel. Der stationäre Handel hat weiter Marktanteile zugunsten des E- und M-Commerce verloren. Für elektronisches Geld im Internet sind wichtige Rahmenbedingungen festgelegt und ein Wechselkurs zu den realen Währungen etabliert.

Nach einer ersten Phase lebhaften Wettbewerbs bezüglich Bezahlverfahren und dem Erscheinen weiterer Zahlungsdienstleister konsolidiert sich der Markt. Sowohl im Bankensektor als auch im Kartengeschäft erwarten wir eine Konzentration und Konsolidierung klassischer Zahlungsdienstleister. Der immer höher werdende Aufwand zum Schutz der Zahlungssysteme vor unberechtigten Dritten und Cyber-Kriminalität ermöglicht nur großen Anbietern ein nachhaltiges Überleben am Markt.

Strategie der Helaba

Position stärken. Als wichtigster Partner in Zahlungsverkehrsfragen in der Sparkassen-Finanzgruppe und ein gefragter Dienstleister für Firmenkunden, institutionelle Unternehmen, die öffentliche Hand und internationale Finanzinstitutionen startet der Zahlungsverkehrsbereich der Helaba von einer guten Position aus in die Zukunft.

Im klassischen Zahlungsverkehr hat sie die Girozentralfunktion für etwa 40 % aller Sparkassen der S-Finanzgruppe inne, die mit einem Anteil von ca. 50 % an den Gehalts- und Geschäftsgirokonten die größte Finanzgruppe Deutschlands ist. Damit ist sie ein wichtiger Partner für Firmenkunden und institutionelle Unternehmen. Darüber hinaus ist sie Zentralbank der Länder Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Die Helaba unterhält direkte Kontoverbindungen zu über 150 Auslandsbanken in mehr als 50 Ländern auf allen Kontinenten und ist an die wichtigsten Euro-Clearingsysteme TARGET2 und EURO1 direkt angebunden. Auch im Kartengeschäft nimmt die Helaba mit der Abwicklung des Cross-Border- Debit Maestro- und VPay- Geschäftes für alle 417 Sparkassen in Deutschland – ein Portfolio von 42 Mio. Karten – eine führende Rolle ein. Diese Position will die Helaba bis 2025 weiter ausbauen und stärken.

Geschäft ausbauen. In diesem Zusammenhang stärkt die Helaba ihre Aktivitäten im Zahlungsverkehr durch Kooperationen im Kartengeschäft und die Ausweitung ihres Korrespondenzbankennetzes. Weitere Repräsentanzen zu Geschäftsabschlusszwecken und die Gründung von Niederlassungen zur Abwicklung von Fremdwährungszahlungen im Inlandsclearing sind nicht ausgeschlossen. Im klassischen Zahlungsverkehr setzen wir auf Differenzierung durch individuelle Services und Zahlungsdienstleistungen für unsere Kunden. Hierzu zählen auch die Begleitung von mittelständischen Unternehmen ins Ausland und die Führung von Konten in Exotenwährungen.

Aufgrund der weiterhin hohen Bedeutung des Exports für die deutsche Wirtschaft will die Helaba das Außenhandelsfinanzierungsgeschäft deutlich ausweiten und in nennenswertem Umfang Kapazitäten aufbauen. In diesem Feld sehen wir gute Marktchancen und gehen auf den Wunsch der von uns bedienten Sparkassen ein.

Auch der Währungshandel wird weiter ausgebaut. Als erste Bank innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe haben wir bereits in 2011 den On- und Offshore-Renminbi-Handel eingeführt. Derzeit sind wir mit weiteren Marktteilnehmern, der Deutschen Bundesbank und Vertretern der öffentlichen Hand dabei, ein Renminbi-Clearing am Finanzplatz Frankfurt aufzubauen.

Neue innovative Zahlverfahren. Um auf die veränderten Rahmenbedingungen und die neuen Möglichkeiten einzugehen, die im Zahlungsverkehr aus dem E- und M-Commerce erwachsen, ist die Helaba aktiv dabei, neue innovative Zahlverfahren im Sparkassenverbund zu entwickeln. Darüber hinaus bemüht sich die Helaba um strategische Allianzen mit potenziellen neuen Wettbewerbern.

Letztendlich geht es um Vertrauen. Die Kreditwirtschaft hat in den letzten Jahren viel davon eingebüßt, manchmal als Sündenbock, oft jedoch aus eigenem Verschulden. Nur wem es gelingt, innerhalb der nächsten Jahre in einer kritisch beäugten Branche Vertrauen zurückzugewinnen und zu erhalten sowie sichere und den Marktanforderungen entsprechende Produkte und Dienstleistungen anzubieten, wird auch nach 2025 erfolgreich am Markt tätig sein können. Zur Erreichung dieses Zieles bedarf es einer konsequenten Ausrichtung auf die Bedürfnisse unserer Kunden, eines engagierten und optimal eingesetzten Teams, einer flachen und dynamischen Organisationsstruktur sowie performanter IT-Systeme, die flexibel an die neuen regulatorischen Anforderungen und Markterfordernisse anpassbar sind. Wachstumsfelder erkennen, unsere Stärken nutzen, mit verlässlichen Partnern kooperieren und Potenziale im Verbund realisieren – so wollen wir unsere Marktposition konsequent weiter ausbauen. Darin sehen wir unsere Zukunft.

  1. EU-Preisverordnung. Die EU-Verordnung Nr. 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro innerhalb der EU regelt im Wesentlichen die Entgeltgleichheit zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Zahlungen innerhalb der EU und der EWR-Staaten. Vgl. Deutsche Kreditwirtschaft.
  2. Payment Services Directive. Die Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt regelt das Recht des Zahlungsverkehrs grundlegend neu. Regelungsschwerpunkte sind Informationspflichten im Zusammenhang mit den relevanten Zahlungsdiensten sowie Einzelheiten zur Bereitstellung und Handhabung dieser Verfahren wie Entgelte, Autorisierung, Widerruf, Einsatz von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, Ausführungsfristen, Wertstellung, Leistungsstörung, Erstattungsansprüche und Haftung. Vgl. Deutsche Kreditwirtschaft.
  3. Neuer Richtlinienvorschlag zu Zahlungsdiensten, der eine Aktualisierung und Ergänzung des bestehenden Rechtsrahmens zum Ziel hat. So soll der Anwendungsbereich geographisch, in Bezug auf die Währung und bezüglich Zahlungen, bei denen nur ein Dienstleister in der EU ansässig ist, ausgeweitet werden. Darüber hinaus soll neuen Dienstleistern für Kontoinformations- und Zahlungsauslösedienste der Zugang zu Zahlungskonten erleichtert werden. Vgl. VÖB.
  4. Multilateral Interchange Fee. Vorschlag der Europäischen Kommission über Interbankenentgelte für kartenbasierte Zahlungsvorgänge.
  5. In-App-Abrechnung ist eine Funktion von Google Play, mit der Android-Entwickler innerhalb ihrer Apps digitale Inhalte wie z. B. herunterladbare Inhalte wie Fotos und Mediendateien oder Premiumleistungen und zusätzliche Produktfunktionen verkaufen können. Die Abrechnung erfolgt über die Google Wallet – eine Funktion des Benutzerkontos – in der die Kunden ihre Kreditkartendaten oder Gutscheinguthaben hinterlegen.